Hintergrund und Zielsetzung der EU-Entwaldungsverordnung
Mit Inkrafttreten der EUDR am 29. Juni 2023 hat die Europäische Union grundlegende Nachhaltigkeitsregularien gesetzt. Ziel der Verordnung ist es, sicherzustellen, dass Produkte, die auf dem EU-Binnenmarkt bereitgestellt oder aus der EU exportiert werden, nicht zur Entwaldung oder Waldschädigung beitragen.
Wälder spielen eine zentrale Rolle für den Klimaschutz, die Biodiversität und die Wasser- sowie Bodenregulierung. Durch die EUDR sollen jährlich rund 32 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen vermieden und die weltweite Entwaldung eingedämmt werden, die maßgeblich durch die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen zur Produktion global stark nachgefragter Rohstoffe verursacht wird.
Welche Rohstoffe und Produkte sind von der EUDR betroffen?
Die Verordnung erfasst sowohl primäre Rohstoffe als auch hieraus relevante Erzeugnisse. Konkret betroffen sind derzeit:
- Rinder und daraus gewonnene Erzeugnisse (z. B. Leder)
- Kakao und kakaohaltige Produkte (z. B. Schokolade)
- Kaffee
- Palmöl
- Soja
- Kautschuk und Gummi-Produkte (z. B. Reifen)
- Holz sowie Holzprodukte (z. B. Möbel)
Für diese Waren sieht die EUDR klare Voraussetzungen vor: Sie dürfen nur dann auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht oder ausgeführt werden, wenn sie:
- entwaldungsfrei sind,
- den geltenden Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes entsprechen und
- eine vollständige Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) vorliegt
Was die EUDR verlangt: Die drei Stufen der Sorgfaltspflicht
Die zentrale Verpflichtung der EUDR ist ein verbindliches Due-Diligence-System. Dieses besteht aus drei Stufen:
1. Informationspflichten gemäß Art. 9 EUDR
Als Unternehmen musst Du für jedes betroffene Produkt detaillierte Informationen sammeln und dokumentieren. Dazu gehören:
- Handelsbezeichnung, HS-Codes und Beschreibung der Produkte
- Ursprungsland und ggf. spezifische Regionen (inkl. Geolokalisierungsdaten der Anbauflächen oder Weideflächen)
- Name und Anschrift der Lieferanten
- Mengenangaben und relevante Begleitdokumente
2. Risikobewertung gemäß Art. 10 EUDR
Anhand dieser Informationen musst Du prüfen, ob ein Risiko besteht, dass die Produkte von Flächen stammen, die nach dem Stichtag 31. Dezember 2020 entwaldet wurden, oder unter Verstoß gegen lokale Rechtsvorschriften erzeugt wurden. Auch Zertifizierungen und Benchmarks (z. B. Länderklassifizierungen der EU) fließen hier ein.
3. Maßnahmen zur Risikominderung gemäß Art. 11 EUDR
Sollte die Risikobewertung nicht eindeutig ein vernachlässigbares Risiko ergeben, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, wie etwa
- eine vertiefte Lieferantenauskunft
- Audits vor Ort
- eine Anpassung der Lieferkette
Erst alle drei Stufen erfüllt sind, darfst Du eine Sorgfaltserklärung erstellen und einreichen. Sie ist der behördliche Nachweis, dass die Sorgfaltspflichten gemäß der EUDR erfüllt wurden und kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko besteht.
Wer ist von der EUDR betroffen? Marktteilnehmer und Händler im Fokus
Die EU-Entwaldungsverordnung unterscheidet zwischen zwei Gruppen:
- Marktteilnehmern: Unternehmen, die relevante Produkte erstmals auf dem EU-Markt bereitstellen oder aus der EU exportieren. Darunter fallen Importeure, Hersteller oder Exporteure.
- Händlern: Unternehmen, die solche Produkte innerhalb der EU weitervertreiben (z. B. Groß- und Einzelhändler). Sie müssen die vom Lieferanten erhaltenen Informationen sammeln, speichern und bei Weiterverkauf gegebenenfalls weitergeben.
Ein Unternehmen kann auch Marktteilnehmer und Händler zugleich sein. Für alle gilt: Ohne ordnungsgemäße Dokumentation droht ein Vermarktungsverbot. Die Ein- oder Ausfuhr kann untersagt werden.
Wie Du die EU-Entwaldungsverordnung praktisch umsetzen kannst
Für eine rechtssichere Umsetzung der EUDR solltet Du eine Kombination aus organisatorischen, vertraglichen und technischen Maßnahmen einplanen:
- Lieferkettenanalyse durchführen: Prüfe, ob Deine Rohstoffe und Erzeugnisse unter Anhang I der EUDR fallen.
- Due-Diligence-System aufbauen: Strukturiere Deine internen Prozesse zur Datenerfassung, Risikobewertung und Risikominderung.
- Digitale Tools nutzen: Setze auf IT-gestützte Lösungen wie ERP-Systeme oder spezialisierte Tools, um Daten zu dokumentieren, zu verwalten und nachzuverfolgen
- Sorgfaltserklärung einreichen: Über das EU-Portal Traces kannst Du die Sorgfaltserklärung einreichen und erhältst eine Referenznummer.
- Zollprozesse integrieren: Bei Import und Export ist die Sorgfaltserklärungsnummer in Form der daraus erzeugten Referenznummer zwingend anzugeben. Dafür gibt es spezifische Codierungen wie C716 und C717.
Ausblick: Strengere Kontrollen und Sanktionsrisiken
Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Unternehmen müssen daher damit rechnen, dass Behörden Lieferkettenaudits verlangen oder Sorgfaltserklärungen stichprobenartig prüfen. Verstöße können zu Bußgeldern, Einfuhrstopps und Reputationsschäden führen.
Fazit
Die EUDR ist weit mehr als nur eine Umweltvorschrift. Unternehmen, die die Zeit bis zur verbindlichen Anwendung (30.12.2025) nutzen, sichern sich nicht nur rechtlich ab, sondern positionieren sich auch aktiv für nachhaltiges Wirtschaften.
Unsere Empfehlung:
Beginne frühzeitig mit der Analyse Deiner Prozesse, stärke die Transparenz in der Lieferkette und entwickle eine klare Strategie für entwaldungsfreie Produkte. So vermeidest Du Risiken und leistest gleichzeitig einen messbaren Beitrag zum Waldschutz.