1. Zollrechtliche Warenbeschreibung: Präzision ja – aber wie viel genau?
Theorie: Laut Artikel 302 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 muss die Warenbeschreibung eindeutig und auf Deutsch erfolgen und so präzise sein, dass die Ware zweifelsfrei identifiziert werden kann.
Praxis: Zollämter legen unterschiedliche Maßstäbe an. Eine Beschreibung wie „Holztisch“ mag einem Amt genügen – ein anderes fordert Angaben zur Holzart, zum Anteil oder zur Bauweise.
Dienstleister, die für verschiedene Kunden und Zollstellen arbeiten, müssen sich regelmäßig auf neue Anforderungen einstellen. Wer regelmäßig mit derselben Zollstelle arbeitet, kennt die dort üblichen „Standards“ – doch selbst die können sich ändern.
Unser Tipp: In manchen Fällen macht es Sinn, vorab mit dem zuständigen Zollamt abzuklären, welche Detailtiefe bei der Warenbeschreibung erwartet wird. das erspart Rückfragen und Verzögerungen.
2. Verfahrenscodes: Kleinigkeit mit großer Wirkung
Theorie: Verfahrenscodes sind vierstellige Kombinationen, die das jeweilige Zollverfahren kennzeichnen. Sie sind essenziell für Zollanmeldungen, richtige Besteuerung sowie Statistik.
Praxis: Viele Unternehmen nutzen Standardcodes, ohne die tatsächlichen Umstände zu prüfen. Ein typischer Fehler: Der Code 1000 (mit der Bedeutung “ohne vorhergehendes Verfahren”) wird für den Export pauschal verwendet, auch wenn die Ware zuvor importiert wurde. Dies kann zu Nachforderungen, Zollprüfungen oder sogar Steuerhinterziehungsrisiken führen. Häufig liegt das Problem in automatisierten Vorlagen von ATLAS-Softwares, die Fehler begünstigen.
Unser Tipp: Vor dem Absenden immer prüfen, ob der Verfahrenscode zur tatsächlichen Abwicklung passt.
3. Beförderungsroute: Theorie kennt keine Staus
Theorie: Die Beförderungsroute muss gemäß den ISO-alpha-2-Codes der Länder in der Zollanmeldung erfasst werden.
Praxis: Im Straßentransport ist der tatsächliche Weg oft nicht exakt planbar: Staus, Umleitungen oder gesperrte Straßen führen zu Abweichungen. Gerade bei Straßentransporten durch kritische Länder kann eine fehlerhafte Angabe zu Bußgeldern oder Verzögerungen führen. Unternehmen sollten daher mit ihren Spediteuren genau klären, welche Vorgehensweise sinnvoll ist.
Unser Tipp: Sprich mit Deinen Spediteuren und klärt gemeinsam, welche Vorgehensweise sinnvoll ist.
4. Die EORI-Nummer des grenzüberschreitenden Beförderers: In der Praxis oft nicht greifbar
Theorie: Seit 2023 ist es Pflicht, die EORI-Nummer des grenzüberschreitenden Beförderers in der Zollanmeldung anzugeben. Ist diese unbekannt, muss ein mutmaßlicher Beförderer genannt werden.
Praxis: Gerade bei Subunternehmern ist es schwierig, die EORI-Nummer rechtzeitig bei der Zollanmeldung schon zu erhalten. Viele Unternehmen lassen das Feld einfach leer oder geben falsche Daten an, was zu Problemen bei Zollprüfungen führen kann.
Unser Tipp: Hartnäckig nachfragen und jede Kommunikationsbemühung dokumentieren.
5. Kennzeichen des abzuholenden Transporteurs: Oft unbekannt
Theorie: Seit kurzem ist das Kennzeichen des abgehenden Transportmittels Pflicht. Ist es unbekannt, darf ein mutmaßliches Kennzeichen angegeben werden.
Praxis: In der Realität ist diese Information meist nicht verfügbar, insbesondere dann, wenn weitere Subunternehmer eingesetzt werden. Viele Unternehmen tragen daher gar nichts ein oder verwenden Platzhalter wie „N/A“. Hier gibt es eine der größten Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis.
Unser Tipp: Richte interne Prozesse ein, um diese Information frühzeitig zu bekommen.
6. Ausgangszollstelle: nicht nur eine Pflichtangabe
Theorie: Die Ausgangszollstelle, die unter anderem der Statistik dient, muss korrekt angegeben werden.
Praxis: Auch wenn das Feld zur Ausgangszollstelle in erster Linie statistischen Zwecken dient, hinterlässt eine unrealistische Angabe schnell einen unprofessionellen Eindruck. Eine Zollstelle mitten im Land – wie etwa Köln/Bonn – erscheint auf den ersten Blick unplausibel, wenn es um den Export per Luftfracht geht. Zwar laufen tatsächlich rund 95 % der Luftfrachtsendungen mit UPS über den Flughafen Köln/Bonn – aber eben nicht alle.
Unser Tipp: Die Ausgangszollstelle sollte immer so präzise wie möglich angegeben werden.
7. Die korrekte Beförderungsart: Passt die Theorie zur Praxis?
Theorie: In der Zollanmeldung muss die Art des Transportmittels mit einem bestimmten Code angegeben werden (z. B. 1 = Seeverkehr, 3 = Straße, 4 = Luft).
Praxis: Auch hier gibt es wenige direkte Auswirkungen, aber eine falsche Angabe kann die Glaubwürdigkeit des Anmelders mindern. Wer eine Seefracht bei einer Binnenzollstelle anmeldet, macht sich verdächtig.
Unser Tipp: Auch dieses Detail sollte nicht leichtfertig behandelt werden.
Fazit
Die Theorie ist eindeutig, doch in der Realität gibt es viele Grauzonen. Unterschiedliche Anforderungen der Zollämter, fehlende Informationen von Dienstleistern oder unpassende Systemvorgaben führen dazu, dass viele Zollanmeldungen in der Praxis von der reinen Lehre abweichen.
Was wir empfehlen:
- Halte engen Kontakt zu Deinem Zollamt, um regionale Besonderheiten frühzeitig zu kennen.
- Prüfe regelmäßig Deine Automatisierungen: was bequem ist, ist nicht immer korrekt.
- Dokumentiere Deine Kommunikation mit Speditionen und Dienstleistern. So kannst Du im Zweifel nachweisen, dass Du sorgfältig gearbeitet hast.
Mit klaren Prozessen, einem wachsamen Blick auf die Details und etwas Erfahrung lassen sich die größten Stolperfallen vermeiden.