Warum eine Reform des EU-Zollrechts nötig ist

Die derzeitigen Zollprozesse innerhalb der EU sind von nationalen Unterschieden geprägt. Jedes Mitgliedsland nutzt eigene IT-Systeme, Zollverfahren und Verwaltungspraktiken. Dies führt zu Ineffizienzen, erhöhter Bürokratie und einem hohen Verwaltungsaufwand für Unternehmen, die mit mehreren Ländern handeln.

Die Reform soll Abhilfe schaffen, indem eine zentrale Zollbehörde auf EU-Ebene eingeführt wird und digitale Lösungen geschaffen werden, die eine einheitliche und effizientere Abwicklung ermöglichen.

Insbesondere zwei neue Kernelemente der Reform stehen dabei im Fokus:

  • Die EU Customs Authority (EUCA), eine zentrale Zollbehörde, die den nationalen Zollverwaltungen übergeordnet ist.
  • Der EU Data Hub, eine digitale Plattform, die bestehende nationale IT-Systeme ersetzt und eine zentrale Verwaltung von Zolldaten ermöglicht.

Diese Änderungen sollen dazu beitragen, Risiken besser zu managen, Zölle effizienter zu erheben und den internationalen Handel transparenter zu gestalten.

Die EU Customs Authority (EUCA): Einheitliche Standards für alle Mitgliedsstaaten

Mit der EU Customs Authority (EUCA) plant die EU erstmals eine zentrale Zollbehörde, die über die nationalen Zollverwaltungen hinaus agiert. Ihre Hauptaufgaben umfassen:

  • Entwicklung und Pflege des EU Customs Data Hub als zentrale Datenplattform.
  • Risikomanagement zur Identifizierung potenzieller Sicherheitsrisiken und Steuerverluste.
  • Krisenmanagement zur schnellen Reaktion auf Handelsstörungen.
  • Kapazitätskontrolle zur Optimierung der Zollprozesse in der EU.

Ziel ist eine Vereinheitlichung der Zollprozesse, um nationale Unterschiede zu eliminieren und die Effizienz zu steigern. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass nationale Systeme durch EU-weit geltende Lösungen ersetzt werden.

Der EU Data Hub: Digitalisierung im Fokus

Ein zentrales Element der Reform ist die Einführung des EU Data Hub. Diese digitale Plattform soll alle relevanten Daten aus der Lieferkette erfassen und effizient weiterverarbeiten.

Derzeit existieren 111 separate IT-Systeme in den 27 Mitgliedsstaaten – diese sollen durch eine einheitliche Plattform ersetzt werden. Der Data Hub wird:

  • Zollanmeldungen automatisieren und beschleunigen, um Unternehmen eine effizientere Abwicklung zu ermöglichen.
  • Mehrfachnutzung von Daten fördern, um Bürokratie und redundante Prozesse zu reduzieren.
  • Eine zentrale Anlaufstelle für Behörden, Unternehmen und externe Akteure bieten.

Trust & Check Trader: Mehr Eigenverantwortung für Unternehmen

Ein bedeutender Wandel in der Zollabwicklung ist die Einführung des Trust & Check Trader (T&C) als Weiterentwicklung des bisherigen AEO-Status (Authorised Economic Operator). Diese Neuerung wird zwischen 2026 und 2028 schrittweise eingeführt, während der AEO-Status noch bis 2032 parallel existiert.

Wesentliche Änderungen:

  • Unternehmen übernehmen mehr Verantwortung für ihre Zollprozesse – ähnlich einer Steuererklärung.
  • Zollbroker verlieren an Bedeutung, da die direkte Vertretung durch Haftungsänderungen für sie riskanter wird.
  • Kleinere und mittlere Unternehmen (SMEs) werden weiterhin berücksichtigt, da sie aktuell 70 % der AEOs ausmachen.
  • Verlagerung der Verantwortung auf Exporteure und Importeure, wodurch Unternehmen sich intensiver mit Zollprozessen auseinandersetzen müssen.

Vorteil dieser Neuerung: Schnellere Warenströme und weniger Bürokratie. Allerdings besteht das Risiko, dass eine Zollprüfung bei fehlerhafter Selbstveranlagung problematisch wird.

E-Commerce steht im Fokus der Reform

Ein Bereich, in dem die Reform zuerst umgesetzt werden soll, ist der E-Commerce. Ab 2026 bis 2028 wird der EU Data Hub für Online-Handelsplattformen wie Temu und Shein getestet, um Steuer- und Zolleinnahmenverluste zu minimieren.

Auch diskutiert wird eine mögliche Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze, die bislang für viele Onlinebestellungen aus Drittstaaten gilt. Eine Anpassung könnte erhebliche Auswirkungen auf den Online-Handel haben.

Allerdings gibt es Herausforderungen: Denn neben der Finanz- und Steuerfragen geht es auch um Verbote und Beschränkungen, die schützen und deren Umsetzung gleichzeitig sichergestellt werden muss. Darauf konzentriert sich in Deutschland das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Zollbehörden und anderen Regulierungsstellen ist hier noch nicht vollständig gewährleistet, was zu Unsicherheiten in der Umsetzung führt.

Vereinfachung der Zolltarifierung durch die Bucket-Lösung

Eine weitere geplante Maßnahme zur Vereinfachung der Zolltarifierung ist die sogenannte Bucket-Lösung. Anstatt einer hochkomplexen individuellen Tarifierung soll es vereinfachte Kategorien geben, die in Kapiteln und Buckets (zu Deutsch Eimer) gedacht werden.

Dadurch könnten zum Beispiel alle Waren, die im Zolltarif-Kapitel  26 eingruppiert sind, einheitlich mit einem Zollsatz belegt werden. Diese Maßnahme soll die bisherige Tarifierung vereinfachen und könnte langfristig auch die Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Zollverwaltung erleichtern.

Chancen und Risiken für Unternehmen

Auch wenn das Ziel der Zollreform die Vereinfachung von Zollpressen ist und damit viele Vorteile mit sich bringen sollte, birgt sie auch Herausforderungen für Unternehmen.

Chancen:

  • Weniger Bürokratie durch die Vereinfachung von Zollprozessen.
  • Effizientere Abwicklung durch digitale Plattformen und Automatisierung.
  • Bessere Planbarkeit durch neue Risikoanalyse-Methoden.
  • Kosteneinsparungen durch optimierte Prozesse und Datenwiederverwendung.

 

Risiken:

  • Höhere Anforderungen an Datenqualität und -sicherheit – Fehler könnten zu Verzögerungen oder Strafen führen.
  • Abhängigkeit von der zentralen EU-Plattform – technische Probleme könnten Auswirkungen auf die gesamte Lieferkette haben.
  • Finanzielle Belastungen – IT- und Prozessanpassungen erfordern Investitionen.

Allerdings ist es wichtig zu bedenken, dass viele der Aspekte der Reform noch nicht final beschlossen sind. Jetzt zu voreilig Schlüsse zu ziehen und aktionistisch zu werden, kann hier ein Fehler sein.

Unsere Empfehlung: diese 4 Maßnahmen solltest Du jetzt einplanen

Um sich optimal auf die EU-Zollreform vorzubereiten, empfehlen wir Unternehmen folgende Maßnahmen zu ergreifen:

1. Status-Check durchführen:

  • Wie viele Importe und Exporte hat das Unternehmen?
  • Verfügt es über digitale Zollabwicklungsprozesse?
  • Ist eine Zertifizierung als AEO, bzw. in Zukunft als Trust & Check Trader sinnvoll?
  • Wird das Unternehmen direkt vertreten?

2. IT- und Compliance-Strukturen vorbereiten:

  • Wie steht es um die Stammdatenprozesse des Unternehmens?
  • Wie sind die Zollabläufe und welche Anpassungen braucht es in Bezug auf die EU-Pläne?
  • Haben Mitarbeiter das notwendige Wissen zur Reform?

3. Lieferketten analysieren & optimieren:

  • Gibt es problematische Abhängigkeiten von Drittstaaten?
  • Können digitale Tools zur Transparenzsteigerung genutzt werden?
  • Wie kommt man an Daten, auf die man keinen direkten Einfluss hat?

4. EU-Pläne und daraus entstehende Trends beobachten:

  • Hast Du Infoquellen der Branche?
  • Haben Mitarbeiter das notwendige Wissen zur Reform?
  • Events und Communities helfen

Fazit

Jetzt ist strategisches Handeln gefragt. Die EU-Zollrechtsreform wird die Spielregeln für den internationalen Handel grundlegend verändern. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den Neuerungen auseinandersetzen, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Deine Prozesse unter die Lupe zu nehmen, IT-Strukturen zu hinterfragen und langfristige Strategien zu entwickeln. Wer sich dieser Aufgabe jetzt annimmt, wird langfristig profitieren und unnötige Kosten oder regulatorische Hürden vermeiden.  Ein Änderungsprozess im Change Management dauert in der Regel 10 Jahre. 

Wenn du wissen möchtest, wie gut deine Prozesse bereits aufgestellt sind und wo Handlungsbedarf besteht, unterstützen wir dich gerne mit einer individuellen Analyse und konkreten Empfehlungen.