Was sind Incoterms® überhaupt?

Die Incoterms® (International Commercial Terms) wurden 1936 von der Internationalen Handelskammer (ICC, Paris) veröffentlicht und sind aus dem internationalen Warenverkehr nicht mehr wegzudenken. Die aktuelle Fassung – Incoterms® 2020 – wurde von über 500 Experten aus mehr als 40 Ländern überarbeitet und wird heute in über 120 Staaten verwendet.

Wichtig: Incoterms® sind keine Gesetze, sondern vertraglich zu vereinbarende Regeln. Sie definieren die Rechte und Pflichten rund um die Lieferung einer Ware – also etwa, wer den Transport organisiert, wer die Kosten trägt, und wer sich um Versicherung, Ausfuhr und Zollabfertigung kümmert.

Sie gelten allerdings nur, wenn Du sie explizit im Vertrag nennst – inklusive Versionsjahr. Zum Beispiel: „FCA Hamburg, Incoterms® 2020“.

Warum Du Incoterms® wirklich brauchst

Missverständnisse können im internationalen Handel teuer werden. Lieferbedingungen sind ein sensibles Thema. Was für Dich selbstverständlich ist, kann in einem anderen Land ganz anders verstanden werden. Die Incoterms® schaffen hier Klarheit.

Täglich werden sie weltweit etwa 200.000-mal verwendet. Rund 90 % aller internationalen Verträge enthalten sie. Trotzdem werden sie oft falsch oder unvollständig genutzt, mit teils unangenehmen Folgen.

Incoterm EXW – klingt einfach, ist es aber nicht

Ex Works (EXW) heißt: Du stellst die Ware auf Deinem Gelände bereit, alles andere übernimmt der Käufer. Klingt unkompliziert – ist es aber nicht.

Wo EXW in der Praxis problematisch wird:

  • Verladerhaftung: In Deutschland gilt: Wer die Ware verladen lässt, ist für die Ladungssicherung verantwortlich. Auch bei EXW sitzt Du als Verkäufer oft mit im Boot – rechtlich wie im Schadensfall.
  • Steuerfalle bei Drittlandslieferung: Du stellst steuerfrei in Rechnung, aber wenn der Ausfuhrnachweis fehlt, haftest Du.
  • Zollabwicklung: Ohne Zugang zu Ausfuhrnachweisen kann es bei Betriebsprüfungen eng werden.
  • Import mit EXW: Erwartest Du selbst eine Lieferung per EXW aus einem Drittland, bist theoretisch Du für die Ausfuhr im Drittland verantwortlich – und für die Verladung.

Selbst die ICC rät in ihrem Leitfaden: „EXW sollte für Sendungen in und aus Drittländern vermieden werden.“ National mag EXW funktionieren – international eher nicht.

Die bessere Wahl: FCA – Free Carrier

Wenn Du als Verkäufer möglichst wenig Aufwand willst, ist FCA (Free Carrier) oft die sinnvollere Alternative. Es gibt zwei Varianten:

  • FCA V1: Übergabe auf Deinem Betriebsgelände.
  • FCA V2: Übergabe an einem benannten Ort, z. B. beim Spediteur.

Die Vorteile von FCA:

  • Du gibst die Ausfuhranmeldung ab und erhältst damit einen rechtsgültigen Ausfuhrnachweis.
  • Die Verantwortung für Frachtkosten ist eindeutig geregelt.
  • Der Vorgang ist steuerlich besser dokumentierbar.

DDP – ein Incoterm®, der selten gut funktioniert

Delivered Duty Paid (DDP) klingt nach einem Rundum-sorglos-Paket – ist aber gerade für den Verkäufer ein riskantes Unterfangen. Denn mit DDP übernimmst Du alles: Transport, Verzollung, Einfuhrabgaben, Steuern, Risiken.

Was DDP so kritisch macht:

  1. Zollrecht: In vielen Ländern darf nur eine ansässige Firma die Einfuhr übernehmen. Du brauchst dann einen Broker – trägst aber weiterhin die Verantwortung.
  2. Außenwirtschaftsrecht: Auch wenn Du DDP-Empfänger bist, bleibst Du außenwirtschaftlich verantwortlich – z. B. bei falscher Zolltarifnummer.
  3. Steuerrecht: Du zahlst Einfuhrumsatzsteuer, bekommst sie aber nicht zurück, wenn Du im Zielland nicht steuerlich registriert bist.

Fazit: DDP nur wählen, wenn es wirtschaftlich absolut notwendig ist.

Alternativen, die besser funktionieren

Wenn Du viel Kontrolle behalten willst, aber nicht in fremde Zollsysteme eingreifen möchtest, ist DAP (Delivered At Place) meist die bessere Lösung. Du lieferst bis zur Adresse – der Käufer kümmert sich um die Einfuhr und Verzollung.

Und wie sieht’s rechtlich aus?

Die Incoterms® regeln nicht, wer im Sinne des Zollrechts Ausführer, Anmelder oder Zollschuldner ist. Das bestimmt das Gesetz – z. B. der Unionszollkodex (UZK):

  • Ausführer: Wer über die Lieferung bestimmt und in der EU ansässig ist.
  • Anmelder: Wer die Zollanmeldung in eigenem Namen abgibt.
  • Zollschuldner: Meist der Anmelder – bei indirekter Vertretung auch der Auftraggeber.

Fazit

Hier gilt: Augen auf bei der Klauselwahl. Incoterms® solltest Du nicht aus Gewohnheit wählen. EXW aus dem Drittland? DDP nach Venezuela? Das kann mächtig schiefgehen.

Unser Empfehlung:

  • Prüfe jeden Incoterm® genau – passt er wirklich zum Geschäftsvorgang?
  • Vermeide EXW und DDP für internationale Geschäfte.
  • Nutze FCA oder DAP als praxisnahe Alternativen.
  • Binde frühzeitig Deine Zollexperten ein – sie wissen, was geht und was nicht.

Du hast im Zollalltag mit Incoterms® zu tun?

Dann lohnt sich ein genauer Blick auf die Schnittstellen zu Deinen Prozessen. Wir beraten Dich gerne individuell.